Razzia gegen die Gruppe «Lies» in Deutschland

Am Dienstagmorgen (15.11.2016) haben in Deutschland Razzien gegen die Gruppierung «Lies» begonnen. Es besteht laut der Sprecherin des Innenministeriums Verdacht, dass der Verein Hassbotschaften verbreitet und verfassungswidrig agiert. Mehrere Menschen, die nach Syrien und in den Irak ausgereist seien, hätten Kontakt mit der Gruppe gehabt.
Schwerpunkte der Polizeieinsätze, die um 6.30 Uhr zeitgleich in mehreren westdeutschen Bundesländern und Berlin begannen, waren Hessen mit knapp 65 Durchsuchungen - darunter allein 15 in Frankfurt am Main - sowie Nordrhein-Westfalen und Bayern mit jeweils fast 35 Polizeiaktionen. In Niedersachsen durchsuchten die Beamten mehr als 20 Liegenschaften, in Berlin fast 20, in Baden-Württemberg gut 15, in Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und in Hamburg je etwa 5 und in Bremen eine. In ostdeutschen Flächenländern gab es keine Durchsuchungen.
«Lies» hat auch in der Schweiz mit seinen Gratis-Koran-Verteilaktionen für Schlagzeilen gesorgt. Der Verein ist in allen grösseren Städten aktiv und die Verbindungen zwischen «Lies»-Aktivisten aus Deutschland und der Schweiz sind eng. Die Polizeiaktion scheint sich aber auf Deutschland zu beschränken. Die Kantonspolizei Zürich sagte auf Anfrage des «Tages-Anzeigers», sie sei nicht aktiv geworden, ebenso wenig die Stadtpolizei Winterthur.
Behörden prüften Verbot
Erst im Juni dieses Jahres ist «Lies» in den Fokus gerückt, als bekannt wurde, dass ein 30-jähriger Winterthurer Salafist in Haft ist. Der gebürtige Italiener sei eine zentrale Figur der Schweizer Salafistenszene, habe als Gründer des Schweizer Ablegers von «Lies» fungiert und bei der Radikalisierung muslimischer Jugendlicher eine wichtige Rolle gespielt.
Die Winterthurer Stadtpolizei prüfte aufgrund der Vorfälle ein Verbot der Koran-Verteilaktion. Doch das Verbot kann nicht umgesetzt werden. Gemäss Polizeisprecher Peter Gull gibt es keine hinreichenden Belege dafür, dass an den Aktionen für kriminelle Handlungen geworben oder dazu angestiftet worden ist. Es sind sogar weitere Standaktionen bewilligt worden. Der Zürcher Stadtrat kommt zu einem ähnlichen Schluss: Bei den Verteilaktionen handle es sich nicht um strafrechtlich relevante Handlungen.
(Quelle: 20 Minuten, dw)